Den Überblick über den Bestand zu behalten, ist ausschlaggebend für den Erfolg eines jeden Unternehmens. Gerade zu Beginn kann es jedoch herausfordernd sein, genau die richtige Menge von jedem Produkt auf Lager zu haben. Zu wenige Artikel bedeuten, dass deine Zielgruppe nicht das einkaufen kann, was sie haben möchte und zu viele Produkte haben zur Folge, dass du deine wertvolle Verkaufsfläche verschwendest und derzeit zu viel Kapital bindest. Um hier zum optimalen Verhältnis in deiner Lagerwirtschaft zu finden, musst du dich als Händler:in mit deinem Lagerumschlag auseinandersetzen.
In diesem Beitrag soll es deshalb um genau diese Thematik gehen. Wir klären die Fragen, was der Begriff Lagerumschlag bedeutet und gehen im Anschluss darauf ein, wie du deine Lagerumschlagshäufigkeit berechnen und optimieren kannst.
Was bedeutet Lagerumschlag?
Dein Lagerumschlag, auf Englisch Inventory Turnover, gibt dir Auskunft darüber, wie oft dein durchschnittlicher Lagerbestand in einem bestimmten Zeitraum (meist einem Jahr) verbraucht bzw. verkauft wurde. Mathematisch gesehen ist er der Quotient aus deinem Wareneinsatz (Umsatz zu Einstandspreisen) und deinem durchschnittlichen Lagerbestand.
Lagerumschlag & Lagerumschlagshäufigkeit: Bedeutung
Indem du deinen Lagerumschlag berechnest, gewinnst du Aufschluss über die Gesamtleistung und die Rentabilität deines Unternehmens, was auch für deine Buchhaltung entscheidend ist. Denn je höher deine Lagerumschlagshäufigkeit ist, desto niedriger ist die Lagerdauer und damit auch die effektive Kapitalbindung, wodurch deine Wirtschaftlichkeit wiederum höher ist. Die Lagerumschlagshäufigkeit stellt dabei vor allem in den folgenden drei Bereichen für viele Unternehmer:innen einen wichtigen Erfolgsindikator dar:
Cashflow
Ein hoher Lagerumschlag ist ein Indikator dafür, dass du deine Bestände schnell in Bargeld umwandelst, was den Cashflow deines Unternehmens verbessert und vor allem den Cash-to-Cash-Zyklus verkürzt. So hat dein Unternehmen mehr Kapital für Investitionen. Außerdem kannst du Schulden schnell abbezahlen, was maßgeblich zu deiner Wirtschaftlichkeit beiträgt.
Kostenmanagement
Errechnest du für deinen Lagerumschlag eine niedrige Zahl, bindet dein Unternehmen zu viel Betriebskapital und erhöht damit Lager- und Bereitstellungskosten. Das führt häufig zu unnötigen finanziellen Belastungen. Weißt du darüber jedoch in Folge der Berechnung deiner Lagerumschlagshäufigkeit Bescheid, kannst du unter anderem Maßnahmen gegen ein erhöhtes Risiko von Bestandsverlusten durch Veralterung und Einnahmeverluste einleiten.
Risikomanagement
Errechnest du deinen Lagerumschlag, reduzierst du zugleich das Risiko für einen Über- bzw. Unterbestand, da du anhand dieser Kennzahl fundierte Entscheidungen treffen kannst. Dies trägt maßgeblich zur Verbesserung deiner Betriebs- und Finanzstrategie bei und schafft dir ein gewisses Maß an finanzieller Flexibilität, um gezielt auf unerwartete Situationen reagieren zu können.
So kannst du die Lagerumschlagshäufigkeit berechnen
Grundsätzlich hast du für die Berechnung deiner Lagerumschlagshäufigkeit verschiedene Möglichkeiten: Du kannst sie z. B. 1. mithilfe deiner Lagerabgänge, 2. deines Wareneinsatzes oder 3. deines Jahresumsatzes ermitteln. Immer benötigt wird die Information über deinen durchschnittlichen Lagerbestand. Diesen erhältst du, indem du den Wert deines Anfangsbestands und den deines Endbestandes zusammenzählst und die Summe durch 2 teilst.
Sehen wir uns die drei Formeln zur Berechnung deiner Lagerumschlagshäufigkeit nun einmal an:
Lagerumschlagshäufigkeit: Formel #1
In unserem ersten Beispiel teilst du deine Lagerabgänge innerhalb eines bestimmten Zeitraums durch deinen durchschnittlichen Lagerbestand und erhältst auf diese Weise deine Lagerumschlagshäufigkeit (LUH).
Lesetipp: Erfahre hier, warum sich die Investition in Fulfillment lohnt.
Lagerumschlagshäufigkeit: Formel #2
Für diese mögliche Vorgehensweise benötigst du Informationen zu deinem Wareneinsatz.
Lagerumschlagshäufigkeit: Formel #3
Sehr häufig wird auch zu dieser dritten Form der Berechnung gegriffen. Hierfür musst du wissen, wie hoch dein Gesamtumsatz im Jahr ausgefallen ist.
Interpretation der Lagerumschlagshäufigkeit
Eine niedrige Umschlagshäufigkeit bedeutet, dass sich deine Produkte länger in deinem Lager befinden und dich somit auch mehr Geld kosten. Das ist selbstverständlich weniger gut, ein Lager sollte so oft wie möglich komplett geleert und wieder neu gefüllt werden. Denn genau das würde eine hohe LUH bedeuten und du müsstest weniger Kapital binden.
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Lagerumschlagshäufigkeit: Beispiel zur Berechnung
Betrachten wir nun ein konkretes Beispiel zur Berechnung des Lagerumschlags.
Angenommen, du bist Hersteller:in von Kühlschränken und hast Kühlboxen, Schubladen, Beleuchtungen, Türen, Gitter und viele andere Teile auf Lager. Derzeit interessierst du dich aber nur für die Gitter- und Schubladenumsätze der nächsten Abrechnungsperiode, weil du das Gefühl hast, dass diese Teile seit dem letzten Geschäftsjahr zu viel Geld verschlingen.
Im betrachteten Zeitraum hast du 20.000 Gitter aus deinem Lager für die Produktion von Kühlschränken entnommen. Aus dem vergangenen Jahr weißt du, dass durchschnittlich 4.000 solcher Gitter im Lager sind. Deine LUH beträgt demnach:
Eine Umschlaghäufigkeit von 5 bedeutet, dass deine Produktgruppe „Gitter“ 5 Mal pro Jahr umgeschlagen wird. Nicht schlecht!
Angenommen, du weißt, dass die durchschnittliche Lagerdauer der Produktgruppe „Schubladen“ 60 Tage beträgt, dann kannst du diese Information auf für die Berechnung deiner LUH für diesen Bestand verwenden:
Deine Schubladen werden somit im Jahr sechsmal umgeschlagen bzw. alle zwei Monate werden all deine Schubladen im Lager verbraucht und durch eine neue Lieferung ersetzt.
Beide Lagerumschlagshäufigkeiten sind bereits sehr gut, wenn du jedoch an der ein oder anderen Stellschraube noch etwas nachjustierst, kannst du sie auch noch weiter optimieren. In unserem Szenario könntest du dir z. B. eine:n neue:n Lieferant:in für Gitter suchen, der/die dir die Ware in einer kürzeren Lieferzeit zusendet. Auf diese Weise hättest du die Möglichkeit, eine geringere Menge auf Lager zu halten und diese würde sich schneller umschlagen.
Lesetipp: Wie du strategisch Dropshipping-Produkte finden kannst und dich dank bewährter Kriterien für das richtige Produkt entscheidest, liest du hier.
Wie hoch ist die ideale Lagerumschlagshäufigkeit?
Ein optimaler Lagerumschlag ist branchen- und produktabhängig, weswegen an dieser Stelle keine magische Zahl genannt werden kann. Dennoch möchten wir dir anhand von 2 Beispielen eine Vorstellung von „guten“ Lagerumschlagshäufigkeiten geben: Die ideale LUH von E-Commerce-Unternehmen liegt häufig bei 4 bis 6. Die von Juwelieren, die seltener, aber dafür hochwertigere Produkte verkaufen, liegt auch schon mal bei nur 1 oder 2 pro Jahr.
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Wir wissen bereits: Niedrigere Werte bedeuten, dass sich die Produkte lange in deinen Regalen befinden und du deshalb höhere Kosten dafür tragen musst. Erhältst du bei der Berechnung deiner LUH ein solches Ergebnis, kann dies darauf hindeuten, dass du überhöhte Preise ausstellst, deine Marketingmaßnahmen nicht fruchten oder deine Mitarbeitenden nicht effizient genug arbeiten. Diese Information kann für dich also durchaus nützlich sein, um einige Pain Points in deinem Unternehmen zu identifizieren und zu beseitigen.
Sollte die LUH einer deiner Produktgruppen bei weniger als 0,5 liegen, solltest du vielleicht in Betracht ziehen, diese aus deinem Sortiment zu entfernen, sofern es sich dabei nicht essenzielle Waren handelt. Denn dieser Wert bedeutet, dass nur die Hälfte dieser Produkte jährlich verarbeitet wird. Die andere Hälfte liegt vollkommen unberührt im Lager und bindet eine Menge Kapital, das dir somit nicht zur Verfügung steht. Das hat auch zur Auswirkung, dass Lagerplätze ständig belegt sind und du keinen Platz für Waren hast, die besser verkauft werden.
Auch ein übermäßig hoher Lagerumschlag kann sich übrigens als Problem herausstellen. Dies kann nämlich ein Indiz dafür sein, dass du immer weniger als die optimale Menge an Produkten auf Lager hast, was natürlich zu nicht vorrätigen Artikeln und enttäuschter Kundschaft führen kann.
Umschlagshäufigkeit erhöhen: Maßnahmen
Nachfolgend stellen wir dir 5 Maßnahmen vor, mit denen du deine Lagerumschlagshäufigkeit erhöhen kannst:
- Datengenauigkeit: Achte auf genaue Daten bei deiner Bestandsplanung, denn so kannst du herausfinden, was deine Kundschaft wirklich bestellt. Kommuniziere deinen Mitarbeitenden ggf., dass die Bestandsprognosen im Lager verbessert werden müssen. Nutzt du ein externes Lager, kannst du deine Ansprechperson dort fragen, was die wichtigsten Lager-KPIs sind und wie diese optimiert werden können.
- Kommunikation: Hohe Lagerbestände können auch durch mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen deines Unternehmens entstehen. Ist dies der Fall, solltest du ein Konzept erarbeiten, welches alle Reibungspunkte zwischen den Bereichen minimiert und sicherstellt, dass dein Team produktiv zusammenarbeiten kann.
- ABC-Klassifizierung: Bei dieser Vorgehensweise ordnest du deine Produkte in die Kategorien A (80 %), B (15 %), C (5 %) und D (0 %) ein. Dabei stellt A (in Bezug zu C) die Klasse der am häufigsten verkauften oder verbrauchten Artikel dar. Produkte in dieser Kategorie solltest du stets auf Lager haben, da sie den größten Teil deines Umsatzes ausmachen.
- Bestandsabbau: Trenne dich endlich von Regal-Hütern. Damit meinen wir, dass du den Schritt wagen und eben diese Produkte nun abschreiben solltest. Das bedeutet zwar einmalig hohe Kosten, allerdings wirst du diese aufgrund einer besseren Strategie in puncto Lagerhaltung schnell wieder reinholen. Plane beispielsweise einen Sonderschlussverkauf, bei dem du deine Regal-Hüter anbietest, gewinne so wieder freie Lagerplätze und nutze diese für deine umsatzbringenden Produkte.
- Bestellrhythmus und -menge: Diese Option haben wir bereits in unserem Beispiel oben angesprochen. Du kannst deinen Lieferanten bzw. deine Lieferantin bitten, deine Ware häufiger, aber dafür in geringeren Mengen zu dir zu liefern. Der Vorteil wäre, dass du deine durchschnittliche Lagerkapazität gering halten und effektiv Lagerkosten einsparen kannst.
Erfahre, was es mit einem Lagerverwaltungssystem auf sich hat und wie du ein solches für deine Lagerverwaltung nutzt!
Grenzen der Lagerumschlagshäufigkeit
Oft wird angenommen, dass die Lagerumschlagshäufigkeit ein guter Richtwert für die Leistung eines Unternehmens ist – in der Realität sieht das jedoch nicht immer so aus.
Auf den ersten Blick ist meist nicht erkennbar, wie komplex Lagerumschläge eigentlich sind. Faktoren wie Lieferantenrabatte oder schwankende Marktpreise können die genaue Bestimmung der Kosten verkaufter Güter erschweren. Auch Rücksendungen können beispielsweise die Gewinne beeinträchtigen, obwohl sie die Umschläge positiv erscheinen lassen. Daher erfordert die Anpassung von Umschlagskennzahlen Feingefühl und Fachkenntnisse, die du nicht unterschätzen solltest.
Zudem sind lange Messzeiträume notwendig, damit Lagerumschläge wirklich aussagekräftig sind, was zu einem zeitlichen Verzug bei der Erkennung von Problemen oder Veränderungen in der Lieferkette führen kann.
Es gibt auch einige Branchen (bspw. die Modebranche) in der Lagerumschläge möglicherweise nicht aussagekräftig sind. Hier kann der Produktlebenszyklus und Reparaturzeiten um einiges aussagekräftiger sein. Der Lagerumschlag ist nicht universell relevant und sollte immer branchenspezifisch betrachtet werden.
Fazit: Nutze die wichtige Lagerkennziffer, um dein Geschäft zu optimieren
Deiner Lagerumschlagshäufigkeit solltest du unbedingt die nötige Aufmerksamkeit schenken. Schließlich dient sie als Barometer für deine Unternehmensgesundheit. Der Wert gibt dir Aufschluss darüber, ob du deinen Bestand erhöhen oder verringern musst, um rentabler zu werden. Gleichzeitig hilft dir die LUH, deinen Bestand für künftige Unternehmensentscheidungen zu verstehen.
Mit der Inventarverwaltung bringst du Ordnung in dein Lager und behältst den Überblick über all deine Vermögenswerte!
Nimm dir also auf alle Fälle die Zeit, deinen Lagerumschlag sowie die Formel vollständig zu verstehen und investiere in effiziente Prozesse. Wie bei so gut wie jeder Kennzahl handelt es sich bei der Berechnung der Lagerumschlagshäufigkeit nicht um eine einmalige Messung. Vielmehr solltest du sie kontinuierlich neubewerten, um bei Schwankungen rechtzeitig reagieren zu können.
Häufig gestellte Fragen zu Lagerumschlag
Was ist eine gute Umschlagshäufigkeit?
Was ist die ideale Umschlagshäufigkeit?
Wie berechne ich die Lagerumschlagshäufigkeit?
- Erst berechnest du deinen durchschnittlichen Bestand: durchschnittlicher Bestand = (Anfangswert Bestand + Endwert Bestand) / 2.
- Dann benötigst du deinen Gesamtumsatz für den jeweiligen Zeitraum und rechnest: Umschlagshäufigkeit = Gesamtumsatz / durchschnittlicher Bestand.
Wie kann ich die Lagerumschlagshäufigkeit erhöhen?
- deinen Lagerbestand in Kategorien einteilst (ABC-Klassifizierung),
- auf Datengenauigkeit setzt,
- dich von Regal-Hütern trennst,
- den Bestellrhythmus erhöhst und die -menge verringerst oder
- die interne Kommunikation verbesserst.